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Flüchtlinge Kos

Griechenlandkrise und 100.000 Flüchtlinge in Kos Stadt: Ist die Insel Kos wieder jetzt buchbar?

Die Flugzeugtür öffnet sich. Herein strömt die warme, leicht ölige Luft, duftet vertraut und frisch, voller Eindrücke und Erinnerungen. 17 Jahre ist es her, dass ich Kos das letzte Mal besucht habe. Ich freue mich darauf, die alten Erinnerungen aufzufrischen. Doch in der Zwischenzeit ist viel passiert: Schuldenkrise, Flüchtlinge, RyanAir. Wird die Insel noch so sein wie früher, wie in meiner Erinnerung? Sicher ist vieles anders heute...

Strand vor der Polizeiwache von Kost Stadt
Weitere BilderAm Strand von Tigaki
Am Strand von Tigaki Bildrechte: in Reisefotografie
Taverne Oria
Taverne Oria Bildrechte: in Reisefotografie

Wenig später stehe ich an der Gepäckausgabe von Kos Airport international. Die Halle ist voll, übervoll. Eine Stimme plärrt blecherne, unverständliche Worte in einer schmerzenden Lautstärke aus den Lautsprechern der Flughafenhalle. Das Band steht und steht. Und dann läuft es endlich. Läuft ruhig und leer, immer im Kreis. Es läuft und läuft, zieht seine Runden bis es die ersten Koffer und Taschen mitbringt. Fremde Menschen greifen danach, rollen dann ihr Gepäck neben sich her, verlassen mit erleichterten Mienen die Flughafenhalle.

Das Band läuft – wieder leer jetzt – ruhig im Kreis. Ich warte. Alle warten. Was machen die Menschen nur, die die Koffer auf das Band hieven sollen? Pause? Rauchen? Pipi? Hat der Chef gerufen? Da bringt das Band wieder einen Koffer mit. Dann noch einen und wieder einen. Ein Buggy, eine Tasche, eine Golfausrüstung. Endlich ist das Band vollgeladen. Ein Gepäckstück folgt dem anderen, findet seinen Eigentümer. Mehr und mehr Menschen verlassen das Terminal auf der Suche nach dem passenden Hoteltransfer. Die Halle wird leerer und leerer. Das Band läuft und läuft, bringt Koffer um Koffer. Die Lautsprecherstimme kreischt wieder etwas nach einem Mister und einer Misses Sowieso. Das Band läuft und läuft. Mein Deo hat schon lange versagt und zum ersten Mal überhaupt erlebe ich es, wie man sich fühlt, wenn der eigene Koffer der letzte auf dem Band ist. Schüchtern und klein, wohl verschreckt durch das Lautsprechergeplärre, trudelt er auf dem großen, sonst leeren Transportband in die fast leere Halle. Kos macht mir den Einstieg mal wieder nicht leicht. Alles beim Alten.

Dann die Busfahrt über die Inselhauptstraße. Der Kreisel vor Antimachia, in der kleinen Militärstation dösen die Panzer in der Hitze vor sich hin, der kleine Weg zur Burg von Antimachia, unscheinbar, direkt dahinter, die kurvige Straße runter zur Ebene, der Blick über die Felder, das unglaublich blaue Meer, die Abendsonne scheint von den Nachbarinseln Kalymnos und Pserimos zu mir herüber, die türkische Küste im Hintergrund. Auf den ersten Blick sieht alles so aus wie in meiner Erinnerung. Wunderbar. Aber lag früher nicht mehr Müll in der Landschaft? Sind die Griechen umweltbewusster geworden? Das ist erfreulich! Von Zeit zu Zeit saust ein cooles Gefährt am Bus vorüber: Strandbuggys scheinen hier jetzt in zu sein. Die gab es früher noch nicht. Sonst: Alles beim alten. Ich freu mich.

Kos Stadt präsentiert sich wie eh und je als quirliges Zentrum der Insel Kos. Rund um den Mandráki Hafen bis hoch in die Altstadt herrscht geschäftiges Treiben. Unzählige Geschäfte, Bars und Restaurants laden zum Verweilen ein. Dabei ist alles gepflegt und adrett. Von Krise keine Spur. In Lambi haben sie sogar eine neue Kirche gebaut. Kurz vor der Fertigstellung hängen die goldenen Kronleuchter noch mit Tüchern behängt von der Decke, damit sie bei den restlichen Arbeiten nicht schmutzig werden. Das wird ein richtiges Schmuckstück!

Am Strand dann leichtes Erstaunen. „Free Sunbeds“, „Sundbed and 1 bottle of Water 2,50.– Euro“. Nicht mal die Hälfte davon ist belegt, dabei ist Saison. Aber RyanAir, so erzählt mir der Verleiher, fliegt Kos nicht mehr an. „Die Flughafengebühren waren für den Billigflieger zu hoch. Es fehlen mehrere 100.000 Touristen. Das spürt man.“ Ob das so stimmt, weiß ich nicht, denke nur: “Wenn das die dicht gedrängten Leute am Strand von Calas de Mallorca wüssten, wo Handtuch an Handtuch liegt...“.

Doch so ist es nicht überall auf Kos: In Kardamena, wo in den letzten Jahren einige große Hotelanlagen entstanden sind, und auch Tigaki, mit seinem breiten, feinsandigen, weißen Strand, wo sich eine Bar an die andere reiht, herrscht kein Überangebot: 4,– bis 8.– Euro kosten die Strandliegen mit Schirm dort. Und ja, die Bars und Kneipen, die sich hier aneinander reihen, sehen frisch renoviert und gemütlich aus. An vielen Stellen wurde kürzlich investiert. Ob hier auch die von manchen Kreisen so verschrieenen deutschen Steuergelder nutzlos investiert wurden? Egal, wo es herkommt, ich finde, es ist gut investiertes Geld, setze mich in den Schatten auf eine bequeme Couch, bestelle mir Bier und Gyros, schaue aufs Meer und träume.

Der Inselwesten von Kos ist von je her ein Ort der Entspannung. Ruhig schwappt das Meer an den Strand von Kefalos. Hier ist süßes Nichtstun angesagt. Chillen und Abhängen. Als ob die Zeit stehen geblieben wäre, kann ich die gleichen Fotos, wie vor 17 Jahren machen. Nur dieses Mal in digitaler Qualität. Der Wirt am einsamen Aghios Theologos hat es unterdessen zu Bekanntheit gebracht. Wo ich damals noch als einziger Gast meinen Nachmittag verbracht habe und er mir von seinen Verwandten erzählte, die die Zutaten meines Essens produziert haben, stehen ein Dutzend Autos vor der Tür und die Terrasse ist voll besetzt. Unglaublich, dass so viele Menschen den weiten Weg auf sich genommen haben. Am einsamen Káti Beach daneben hat sogar jemand ein paar Liegen und Schirme aufgestellt. Das hat sich wohl nicht rentiert, denn es ist keiner da, dem ich die Miete in die Hand drücken könnte.

Überhaupt erscheinen die Griechen geschäftstüchtiger: Es gibt wohl kaum noch eine Ecke auf Kos, wo nicht eine kleine Bar Getränke und griechischen Salat anbietet. Dabei sind ein paar wundervolle Orte entstanden: Am Fuße des Aufstiegs nach Alt–Pyli, einem verlassenen Ruinendorf am Hang des Dikaios, entdecke ich ein handgemachtes hölzernes Schild, auf das jemand mit einem Pinsel das Wort „Coffeebar“ geschrieben hat. Vom breiten, sanft ansteigenden Waldweg zeigt es auf einen schmalen, steilen Pfad den Berg hinauf. Neugierig folge ich, staune über die viele Arbeit, die sich hier jemand gemacht hat, die vielen Stufen im steilen Hang. Kein Mensch weit und breit, nur Felsen und Bäume. Links der Abhang, rechts der steile Berg, kann es nicht glauben, dass hier irgendwo irgendetwas sein soll. Ich folge dem Pfad ins Nirgendwo.
Für Zweifler bekräftigt der dubiose Wegebauer seinen Ruf: Glaub mir, hier geht es zu einer Coffeebar. Er hat einen weiteren Wegweiser mit dem verheißungsvollen Wort „Coffeebar“ schief an eine Fichte genagelt. Es zeigt zwischen 2 großen Felsen hindurch. Ob sie vielleicht auf dem Gipfel des Dikaios steht? Dann nocheinmal ein Hinweis: Dieses mal mit blauer Farbe auf einen Felsen gemalt. Ich lächle innerlich bei dem Gedanken, dass es noch eine halbe Stunde so weiter geht: Im Zickzack den Berg hinauf, über Felsen und über den schmalsten Pfad der Welt und am Schluss steht ein Schild: „Das hast du doch jetzt nicht im Ernst geglaubt?“.

Doch dann bin ich wirklich da: Vielleicht auf halber Höhe des größten Berges auf Kos, hoch über dem Ruinendorf von Alt–Pyli, hat sich jemand ein kleines Paradies namens Oria Taverne gebaut. Unter breiten Bäumen stehen ein paar alte rustikale Tische und Stühle, Blümchen darauf. Basilikum, Rosmarin und andere Kräuter duften. Der Blick, traumhaft, reicht über die alte Burg, weiter über die Ebene bis runter zum Meer. Ein großer Hund freut sich über meine Anwesenheit. Dahinter ein mehr Hütte als Haus, Strom und fließend Wasser scheint es auch zu geben. Ja, so würde ich auch Aussteigen. Mache das auch. Für die nächste halbe Stunde zumindest, sitze ich hier, träume von langen blumigen Gewändern und Tänzen im Mondschein. Mit Blick auf den glitzernden Ozean. „This is a lot of work here“ holt mich meine Gastgeberin in die Realität zurück, sieht aber recht glücklich aus und fügt sich nahtlos in die Bilder meines kleinen Tagtraums ein.

Am nächsten Tag unterhalte ich mich mit Yiannis von der Autovermietung. Sein Geschäft betreibt er schon seit vielen Jahren mit viel Hingabe und Liebe zu den Menschen. Stolz und Freude sind in seinen Augen, wenn er davon erzählt, dass viele seiner Stammkunden schon seit Jahren kommen und seine Freunde sind. Dass deren Kinder, die früher auf dem Rücksitz saßen, heute ihre Eltern über die Insel kutschieren.

Und dann berichtet er von den Flüchtlingen letztes Jahr: „100.000 sind über das Meer gekommen mit winzigen Booten. Alle haben am schmalen Strand vor der Vasileos Georgiou V' campiert.“ Sonst wäre nichts auf der Insel gewesen, nur dieser eine kleine Strand. „Unvorstellbar so viele Menschen. 100.000 für so eine kleine 20.000 Einwohner Stadt. Was soll man mit Ihnen tun?“ Und mit feuchten Augen des Mitgefühls fährt er fort: „Sie waren wie wir. Eine Familie mit einer kleinen Tochter. Mit schwarzen Augen und schwarzen Haaren. Wie meine Kinder. Mussten sie dort am Strand campieren und leben. Essen kochen. Spielen, warten. Sie waren wie meine Familie“.

Und dann verhärtet sich sein Blick. „Aber nicht alle. Ein anderer, jeden Morgen hat er seine Frau genommen und boom, boom, boom – hat sie verprügelt. Danach hat er den ganzen Tag am Strand gesessen und mit seinen Freunden geraucht. Schrecklich!“

Yiannis erzählt lieber wieder von der Familie mit dem Kind. Offensichtlich hatte sie sein griechisches Herz zutiefst berührt. „Aber jetzt sind keine Flüchtlinge mehr da. Es gibt noch ein kleines Lager für 300 Leute im Inselinneren. Aber das ist nicht mal voll. Von dort werden sie auf die Inseln verteilt. Dann kommen wieder mal ein paar. Aber nicht viel.“

Womit wir wieder bei An– und Abreise wären: Am Flughafen, lange Schlangen vor den Schaltern, bis vor das Terminal stehen die Abreisenden, die ganze Front des Flughafengebäudes entlang, ich drängele mich, wie in einer italienischen Bäckerei im Latium üblich, an einer Familie aus Hamburg vorbei, peinlich, das was nicht gut hier, entschuldige mich, übervolle Wartehallen und ein unerträglicher Lärmpegel.

Ist mir egal Kos: Du bist schöner, denn je!

Links und weitere Informationen:

Hihawai's Online Reiseführer Kos

Yiannis Autovermietung

 

 

 





Reportage von Hihawai, bei Hihawai.com veröffentlicht am 2017-09-01T12:50
Letzte Änderung: 01.09.2017 um 13:58 Uhr

Insel Kos, Flüchtlinge, Situation 2017, Griechenlandkrise, Reportage, Taverne Oria, Autovermietung aus Kos,

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